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Hertha BSC und Union Berlin – Vereint in der Feindschaft

  • 2. November 2019
  • Josephine Japke | Lukas Grybowski
Eine Stadt, zwei Vereine: Hertha BSC im Berliner Olympiastadion und Union Berlin in der Alten Försterei.
Fotos: Kai ‘Oswald’ Seidler; Ungry Young Man (beide CC BY 2.0)

Hertha BSC und Union Berlin teilen sich eine Stadt – und spielen seit der Saison 2019/20 beide in der Fußball-Bundesliga. Zwei Fans erzählen, wie aus Freundschaft Hass wurde.

“Das Derby hat genau jetzt damit begonnen, dass diese Hurensohnbande aufgestiegen ist. Und Derby heißt Krieg um jeden Zentimeter in Berlin.” Nur wenige Stunden nach dem Aufstieg von Union Berlin in die erste Bundesliga im Mai 2019 kursierte eine WhatsApp-Nachricht in den sozialen Netzwerken, die die Feindschaft zwischen dem 1. FC Union Berlin und Hertha BSC zusammenfassen sollte. Publiziert auf der Instagram-Seite “herthaklebt” macht der Verfasser deutlich, was er von Union hält: “Jeder muss das Maximum an Hass und Gewalt aufbringen und alles dafür tun, dass diese Missgeburten wissen, dass sie Hertha BSC nicht gewachsen sind.” Mittlerweile wurde der Post gelöscht.

Die beiden Berliner Fußball-Vereine sind zum ersten Mal direkte Konkurrenten in der höchsten deutschen Spielklasse, der 1. Bundesliga. Sie begegnen sich in teils tiefer Abneigung. Vor 30 Jahren aber waren Feind*innen noch Freund*innen.   

Ein Freundschaftsspiel mit zwei Siegern

Im Januar 1990 kam es vor über 60.000 Zuschauer*innen im Berliner Olympiastadion zum ersten sportlichen Vergleich in der Geschichte beider Vereine. Hertha gewann das Freundschaftsspiel 2:1. Gefeiert wurde dennoch auf beiden Seiten. „Wir halten zusammen wie der Wind und das Meer, die blau-weiße Hertha und der FC Union“ war das Motto des Abends. 

„Das war natürlich toll. Die Trabis haben geknattert, die Luft hat vibriert und es war wirklich emotional. Es gab Leute, die nach 1961 das erste Mal wieder im Olympiastadion waren und Tränen in den Augen hatten“, sagt der 59-jährige Manfred Sangel. Über 30 Jahre lang moderierte er das Radio-Magazin “Hertha-Echo” und erinnert sich noch an Zeiten, als die Berliner Mauer beide Fanlager nicht voneinander trennte, sondern vereinte.  

Abgesehen von den zehn Prozent, die im Stadion linientreu waren, hatten alle anderen Zuschauer auch einen Westverein, den sie verfolgt haben.

Olaf Forner

So wie in Prag im März 1979: „Deutschland, Deutschland!“, rufen sich zahlreiche der 30.000 Zuschauer*innen im Wechselgesang im Stadion Juliska zu. Hertha BSC trifft im Europacup auf Dukla Prag und wird nicht nur von den eigenen Fans begleitet. „Wir aus Westberlin mussten nach links auf die Tribüne und auf der anderen Seite waren Unioner“, erinnert sich Manfred Sangel. „Wir haben gut gespielt und am Ende tatsächlich gewonnen und dann schallten diese Rufe durchs Stadion und alle haben mitgemacht. Das war ein derartiges Gemeinschaftsgefühl“, berichtet der 59-Jährige.   

Olaf Forner, leidenschaftlicher Union-Fan, hat ebenfalls Erinnerungen an das Frühjahr 1979. In Ostberlin saß er auf dem Schoß vom Opa und folgte der “Sportschau”, obwohl er schon lange im Bett sein sollte. Doch einen Monat nach dem Sieg gegen Dukla Prag traf Hertha im Halbfinale des Europacups auf Roter Stern Belgrad – und das konnte er sich doch nicht entgehen lassen!  

Buhlen um Aufmerksamkeit

„Abgesehen von den zehn Prozent, die im Stadion linientreu waren, hatten alle anderen Zuschauer auch einen Westverein, den sie verfolgt haben“, erklärt Forner mit Bestimmtheit. Köln, Mönchengladbach, Hamburg, Bayern. In der Alten Försterei sei das normal gewesen. Wer auf seiner Kutte einen Westaufnäher hatte, war gut. „Und wer einen beschaffen konnte, der hatte auch einen Hertha-Aufnäher. Hertha gehörte dazu, weil dit is ooch Berlin“, sagt er.

Der 1. FC Union und Hertha BSC trafen in Pflichtspielen zuerst in der zweiten Liga aufeinander, hier im Stadion an der Alten Försterei. Foto: Josephine Japke

Während der Teilung gab es viele Gründe, einander zu mögen. Beide Vereine teilten sich eine und doch nicht die gleiche Stadt, beide bedienten eine Arbeitergruppe, beide Fanlager waren deutlich gegen die Mauer in ihrer Mitte. Eine sportliche Konkurrenz-Situation gab es nie. Die gab es auch nach der Maueröffnung nicht und doch buhlte man plötzlich um alles andere: um Fans, Aufmerksamkeit und nicht zuletzt auch öffentliche Gelder.

Der direkte Vergleich

Hertha BSC WappenUnion Berlin Wappen
Gegründet18921966
Mitglieder36.500 34.000
Stadion
– Kapazität
– Auslastung
Olympiastadion
74.475
65 Prozent
Stadion An der Alten Försterei
22.012
97 Prozent
Marktwert der
Mannschaft
215 Millionen Euro35,45 Millionen Euro
Größte ErfolgeDeutscher Meister 1930, 1931
Deutscher Vizemeister 1926, ’27,
’28, ’29, ’75
UEFA-Cup-Halbfinale 1978/79
Champions League Zwischenrunde
1999/2000
FDGB-Pokal-Sieger 1968
FDGB-Pokal-Finale 1986
DFB-Pokal-Finale 2001

Berlins ehemaliger regierender Bürgermeister Klaus Wowereit machte kein Geheimnis daraus, dass er Fan von Hertha BSC und Vereinsmitglied ist. So manchen Union-Fan verwunderte es deshalb nicht, als Hertha nach den beiden Abstiegen in die 2. Bundesliga 2010 und 2012 die Stadionmiete von etwa 7,5 Millionen Euro gestundet wurde. Im Ostteil der Stadt musste man zuvor noch recht mühsam um Baugenehmigungen für die teils selbst gebaute Alte Försterei ringen.

Im Stadion von Union Berlin wird vor jedem Spiel ein Lied gespielt und laut mitgegrölt, in dem es heißt: “Wir sind keen Verein wo die Euros weh’n, die richtig dicke Kohle hat hier nie eener geseh’n. Und die Mannschaft weiß, dass wir hinter ihr steh’n und wer das nicht kapiert, der soll zu Hertha gehen.” Auf der anderen Seite werden munter Aufkleber mit dem Spruch “Und niemals vergessen Scheiß Union” verteilt. 

Freundschaft unter älteren Fans

„Die älteren Fans sind eher freundschaftlich miteinander verbunden. Sie denken an die Zeiten zurück, die sie gemeinsam erlebt haben. Es sind hauptsächlich jüngere Fans, die aufstreben und Anerkennung und Aufmerksamkeit wollen und sich nicht mehr darum kümmern,“ sagt Sangel und fügt hinzu: „Wir hätten ein Alleinstellungsmerkmal haben können – eine Stadt, die als Fanmacht zusammenhält.“ Doch das wird nicht passieren.  

Der Auswärtsblock der Unioner*innen im Olympiastadion. Foto: Josephine Japke

Sangel und Forner sind sich einig: Dort anzuknüpfen, wo beide Vereine 1990 aufgehört haben, ist nicht mehr möglich. Sobald die Vereinsführungen aufeinander zugehen, haben sie die Fans gegen sich, und andere Ideen erreichen immer nur kleine Gruppen.

Forner wagte in diesem Jahr dennoch den Versuch, die beiden Fangruppen zu einen. Seit dem Aufstieg seines Teams war klar, dass er das erste Derby gemeinsam mit seinen Hertha-Kumpels feiern will. Die Lösung: Party mit reichlich Bier auf einer gemeinsamen Dampferfahrt auf der Spree – denn die fließt durch ganz Berlin. Dabei waren Sponsor*innen und eine gemischte Fangruppe einer Behinderteneinrichtung, der sich auch Freund*innen, Familie und Privatpersonen anschlossen. Ein Volltreffer also!

Das Erstliga-Derby
Am 2. November 2019 trafen Union Berlin und Hertha BSC in der Bundesliga aufeinander. Beim Spiel in der Alten Försterei schossen Hertha-Fans Raketen auf das Spielfeld – und auf gegnerische Zuschauer*innen. Vermummte Union-Fans versuchten, den Platz zu stürmen. Anhänger*innen beider Teams zündeten Pyrotechnik. Es wurde aber auch Fußball gespielt: Union gewann das Derby 1:0.

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Josephine Japke
Josephine Japke

Im wohlbehüteten Speckgürtel von Berlin erblickte Josi 1991 das Licht der Welt. 2017 zog sie aus, um das Weite zu suchen - und landete für ein Volontariat bei der LAUSITZER RUNDSCHAU in Cottbus. Seitdem lebt sie in Senftenberg am See, der früher mal ein Tagebau war.

Lukas Grybowski
Lukas Grybowski

Geboren 1996 in Berlin und lebt seitdem direkt an der Grenze Berlin/Brandenburg. Seit 2018 ist er Redaktionsvolontär bei der Märkischen Oderzeitung in Frankfurt (Oder). Die Mauer kennt er nur auf dem Fußballplatz.

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